Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was gerade los ist und ob ich das Spielen von Videospielen missverstanden habe. Ich für meinen Teil starte, zumindest wenn ich alleine Spiele, ein Spiel, um dem Alltag und den ganzen schlimmen Nachrichten auf dieser Welt zu entfliehen. Zumindest für einen kurzen Zeitraum. Doch was ist, wenn ich nicht einmal da dem Populismus entfliehen kann?
Populismus ist, wenn Menschen Aussagen treffen die eine politische Verbindung (zum Beispiel zu aktuellen Geschehnissen) haben oder herbeiführen sollen und dabei z. B. eine bestimmte Rhetorik verwenden. Es kommt immer vermehrt vor, dass in den Spielen die ich spiele, entsprechende Aussagen getroffen werden.
„Gendergaga“
In einem der Spiele, welche ich ab und an mal aus Langeweile anfasse, ist es in zwei Gilden vorgekommen, dass Mitglieder, oder sogar die Gildenleitung, echt seltsames Verhalten an den Tag gelegt haben. Frei wiedergegeben:
„Es wäre schön wenn sich SpielerInnen (Muss man ja heute so sagen) beteiligen würden“
Die Antwort darauf der Gildenleitung:
„Hier muss man gar nichts. Die Gilde ist arisch“
Ich dachte ich schau nicht mehr richtig. Ich war in dem Moment auch sehr perplex, muss ich gestehen und musste darüber auch nachdenken. Ich musste abwägen, inwieweit das meine moralische Integrität beeinflusst. Na gut. Ehrlich gesagt, musste ich nicht nachdenken.
Ich habe meinen Unmut darüber kundgetan und die entsprechende Gilde verlassen. Ich kann einfach nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, so einen Verein noch zu unterstützen. Vor allem weil ich weiß, wie wichtig berücksichtigende Sprache sein kann, und dass es vielen Menschen sogar mental sehr weiterhilft.
Ich bin kurz danach in eine neue, deutschsprachige, Gilde eingetreten, in der sich nach kurzer Zeit ein ähnliches Bild abgespielt hat. Auch hier habe ich entsprechende Konsequenzen gezogen und hab beschlossen, keiner Gilde mehr beizutreten. Am Ende sorgt es dafür, dass ich in dem Spiel kaum noch vorangekommen bin und ich habe es nicht mehr angefasst.
Das Thema „Geschlechterrollen“ wir bei der kommenden Europa- und Bundestagswahl vermutlich, insbesondere im Bezug auf Transsexualität, mega ausgeschlachtet. Eine Partei hat es ja vor einiger Zeit schon bei einer Kinderbuchlesung aufgegriffen. Und ich finde es jetzt bereits wichtig, Stellung zu beziehen. Und wenn es bedeutet, dass ich in Zukunft nur noch alleine Spiele. Aber am Ende ist das hier noch harmlos gewesen.
Vergewaltigung
Nochmal eine Nachdrückliche
Es gibt auch ein Spiel, welches ich schon sehr lange spiele. Und dort finden regelmäßig Events statt, die ebenfalls die Gildenkommunikation fördern. Und auch den Konkurrenzkampf. Wir haben im aktuellen Event Gegner erhalten, die im ostasiatischen Raum leben. Das heißt, wenn die zu Bett gehen, haben wir gute Chancen, aufzuholen. Was ich auch angemerkt habe.
Darauf hin kam schon der erste „Witz“. Zumindest würde dieser Mensch das so betiteln. Frei wiedergegeben:
„In Asien essen sie auch Hunde. Ich meine sie schlafen jetzt.“
Ich habe mich in dem Moment noch etwas zurückgehalten. Bzw. erstmal nichts gesagt. Das hielt aber nicht lange an. Denn es kam von jemand anderes ein Satz, der weder zum Spiel, noch zu bisherigen Nachrichten passte, und auch nicht in so einem Spiel fallen sollte:
„Und in Deutschland vergewaltigt man 15 Jährige ohne Strafe.“
Ein anderer daraufhin:
„Kavaliersdelikt“
Es folgte noch ein unangenehmes Meme, was ich hier natürlich nicht präsentieren werde. Ich war irgendwie fassungslos. Ich meinte daraufhin, dass sowas in einer Umgebung (einem Spiel in diesem Fall) wie dieser nichts verloren hätte und man auch nichts über die Vergangenheit der SpielerInnen weiß und damit auch viel Schaden anrichten könnte. Die Reaktion darauf war … kindisch … gelinde gesagt. Frei wiedergegeben:
„Dann schalte ich eben den heile Welt Modus ein.“
Gefolgt von einem Meme von Pipi Langstrumpf. (Astrid Lindgren würde sich im Grabe umdrehen, wenn sie wüsste, in welchen Zusammenhängen ihre berühmteste Figur verwendet würde.)
Ich beschwerte mich bei der Gildenleitung, dass sowas einfach nicht ginge. Einer der Menschen stimmte mir auch zu und das Thema schien, im Fortschreiten der Unterhaltung, auch sehr unangenehm zu sein.
Ein anderer meinte, ich könne doch die Gendersprache weglassen, da das Wort „Spieler“ sich in dem Zusammenhang ja auf niemanden beziehe. Lassen wir das einfach mal im Raume stehen. Er wollte sich auch nur auf dieses Thema wirklich beschränken und hat die o. G. Kernaussage in gewisser Form … naja nicht verteidigt. Aber … naja mir fehlte ein wenig eine Meinung dazu.
Diese kam auch, während ich diesen Blog schrieb, und dass auch Verständnis für meine Ansage vorhanden wäre. Weiter gehe ich erstmal auf dieses Gespräch aber nicht ein.
Zu zaghaft
Ich war ehrlich gesagt echt entsetzt. Ich verstehe ja, dass zu milde Urteile die Gemüter erhitzen. Aber was hat das bitte in einem Videospiel, innerhalb eines Eventchats, in dem mehrere Gilden mitlesen könnten, verloren?
Ich verstehe, dass man eventuell der Auffassung ist, anderer Meinungen zu tolerieren (wobei ich finde, dass Rechtspopulismus nicht toleriert werden sollte). Aber es sollte auch der angemessene Raum bzw. Ort dafür gefunden werden, und nicht random in einer Wettkampfatmosphäre gepostet werden. Da erwarte ich schon, dass man durchgreift. Und diesmal bin ich mir sicher, dass ich es nicht zu eng sehe.
Einer aus der Gildenführung hat sich öffentlich dazu geäußert, dass dieser Mensch populistische Verhaltensweisen an den Tag lege, um andere (in dem Fall mich) schlecht dastehen zu lassen, weil ich berechtigte Kritik geübt habe, statt eine vernünftige Diskussion zu führen. Ich danke übrigens dafür, dass wenigstens einer offen Stellung dazu bezogen hat.
Darauf hin kam bisher nichts. Ich mein, jeder soll seine Meinung haben. Und man kann sie von mir aus auch kundtun. Aber am Ende ist ein Videospiel kein richtiger Ort dafür.
Bei einer Spielerstärke von i. d. R. 70 Mitgliedern, können solche Aussagen oder Diskussionen zu einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit jemanden erwischen, der/die sehr sensibel auf solche Thematiken reagiert. Aber das ist ein Problem, welches unsere Gesellschaft aktuell generell hat.
Ohne Vorwarnungen wird man mit sensiblen Themen konfrontiert, und jene, die diese Konfrontation in Gang gesetzt haben, sind oft auch noch Stolz drauf. Selbst wenn jemand offenkundig darunter leidet.
Ich bin mir bewusst, dass wir nicht alle Menschen vor allen Triggern und schlechten Gefühlen schützen können. Aber ich finde, man sollte anfangen ein Gefühl dazu entwickeln, was der richtige Ort und Zeitpunkt für solch sensible Themen angeht. Und in dem Fall war das wirklich mega random und absolut out of context.
Aber, um eine gewissen innere Fairness weiter zu bewahren, habe ich mir den Fall, der dort geschildert wurde, einmal genauer angeschaut. Auch um, sollte es noch zu einer Diskussion kommen, im Kontext bleiben zu können.
Der Fall
Es handelt sich um ein Verfahren, welches bereits seit anderthalb Jahren läuft. Es ging um eine Vergewaltigung einer 15-Jährigen im Hamburger Stadtpark. Es handelte sich dabei wohl um 11 (mutmaßliche) Täter und einem Opfer. Also einer schon megaschrecklichen Geschichte. Ich denke, dass es daran auch absolut keinen Zweifel gibt.
Einer der mutmaßlichen Täter wurde bereits vor der Verhandlung freigesprochen. Ein zweiter mutmaßlicher Täter wurde im Urteil ebenfalls freigesprochen. Die Urteile der anderen 9 waren ein bis zwei Jahren auf Bewährung gemäß Jugendstrafrecht. Einer von den neun wurde zu zwei Jahren und neun Monaten haft ohne Bewährung verurteilt.
Dieser Fall wird gerade für Populismus verwendet. Und nach etwas weiterer Recherche wird es auf die Einwanderungspolitik geschoben. Die sei schuld an diesem Verbrechen. Der „Witz“ (und nein. Es ist natürlich nicht witzig) ist jedoch, dass laut Gerichtssprecher 5 der 10 Angeklagten deutscher Staatsbürgerschaft waren. Die anderen seien aber lange genug in Deutschland, um das Verbrechen begreifen zu können.
Und es gibt jetzt, nach Verkündung des Urteils eine wichtige Frage, die gerade Rechtspopulisten sehr auf den Plan ruft:
Ist das Urteil zu milde?
Hierbei muss man sich schon etwas tiefer mit unserem Jugendstrafrecht auseinandersetzen. Berücksichtigt man nur die Urteile, die dort gefällt werden, sind die Urteile tatsächlich die Norm. Es werden selten Urteile mit Gefängnis ausgesprochen. Und ich verstehe auch, warum man möglichst davon absieht. Und auch, warum man bei dem nach Erwachsenenstrafrecht Verurteilten verhältnismäßig milde walten lassen hat, statt z. B. die Höchststrafe von 10 Jahren zu verhängen.
Ich möchte noch einmal sehr zum Ausdruck bringen, dass Vergewaltigungen Leben zerstören und sie von nichts und niemanden gutzuheißen sind. Auch will und werde ich nicht das Leid schmälern, mit dem die Opfer zu kämpfen haben. Ich möchte jedoch folgende Ausführungen möglichst mit Vernunft und ohne emotionale Wertung wiedergeben.
Ich finde persönlich nicht, dass die Urteile zu milde sind. Ich kenne, trotz Recherche, nicht die genauen Altersangaben der mutmaßlichen Täter. Zum Zeitpunkt der Tat waren sie aber wohl zwischen 16 und 20 Jahre alt. Das heißt, sie waren größtenteils vermutlich minderjährig. Auf alle Fälle waren alle Beteiligten noch sehr jung.
Zudem wird, meines Erachtens, auch ein wichtiger Punkt gerne übersehen, wenn es um Jugendstrafen geht: Alleine, dass sie eine Straftat begangen haben, wird sie viele Jahre verfolgen. Und auch negative Auswirkungen haben. Die Bestrafungen wirken für viele zwar milde, aber für einen jungen Menschen, sind zwei Jahre z. B. auf Bewährung nicht ohne. Zumal der kleinste Fehltritt aus einer Bewährungsstrafe, eine Gefängnisstrafe machen.
Das Ziel des Jugendstrafrechts ist es, den jungen Menschen aufzuzeigen, dass sie etwas getan haben, was nicht okay ist und sie so darauf hinzuweisen, dass die Strafen schlimmer ausfallen könnten, wenn so etwas noch einmal geschieht. Dennoch möchte man den Menschen die Möglichkeit geben, ihr Leben auf die Reihe kriegen. Und das geht am Ende nicht, wenn man so junge Menschen für 10 Jahre in das Gefängnis steckt.
Am Ende wäre es so ein fehlgeleiteter Resozialisierungsgedanke, bei dem, was die (überwiegend rechten) Populisten da mit sich schleppen. Und meiner Meinung nach hilft eine so lange Haftstrafe den Opfern am Ende genauso wenig. Denn es macht die Tat nicht ungeschehen.
Gäbe es andere Wege?
Meiner Meinung nach sind die gesetzten Urteile in diesem Fall durchaus angemessen. Zumal sich auch keiner, wirklich keiner, der nicht bei der Verhandlung war, ein Urteil darüber bilden kann, wie die Täter aufgetreten sind und auch, warum nur einer der Täter nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt wurde. Der Richter hat sich an die Rahmenbedingungen der Gesetze zu halten. Und auch daran, inwieweit eine Gefahr bestünde, dass die Täter ihre Tat wiederholen.
Rechtspopulisten sind z. B. aktuell auf dem Weg, der Richterin Morddrohungen zukommen zu lassen, weil die Urteile zu milde seien. Mal abgesehen, von den rechtlichen Konsequenzen, die solche Drohungen mit sich bringen können, ist das ein falscher Ansatz. Denn die Richter arbeiten mit dem, was sie hören und über die Gesetze haben.
Es ist auch eine Diskussion, welche in Südkorea immer wieder hochkocht. Ich möchte dafür mal eine (unbezahlte) Serienempfehlung abgehen. Juvenile Justice zeigt gut die Grundproblematiken vom Jugendstrafrecht auf. Leider wurde die Serie abgesetzt. Aber das, was es gibt, ist nicht nur unterhaltsam, sondern regt auch zum Nachdenken an.
Und meiner Meinung nach, könnte man die Strafen schon verschärfen. Aber nicht im Sinne von Gefängnisstrafen. Sondern in Form von längeren Schmerzensgeldzahlungen. Damit wäre, meiner Meinung nach, den Opfern am meisten geholfen.
Die Kombi von Bewährungsstrafen sowie die Zahlung von Schmerzensgeld über einen längeren Zeitraum, könnten im Jugendstrafrecht dafür sorgen, dass den Menschen noch mehr bewusst wird, wie grausam das war, was sie dem Menschen angetan haben. Und es ermöglicht, den Opfern, über längere Zeit mit der Tat zurechtzukommen und Hilfen in Anspruch zu nehmen.
Unsere Gesetze bzgl. Missbrauchsfällen (ich meine damit alle, die einen psychischen Schaden erzeugen), sind nicht immer optimal. Und auch die Urteile nicht. Aber man könnte ja einmal „kreativ“ werden. Denn Haftstrafen helfen nicht bei jedem und im Kapitalismus ist Geld ein sehr schmerzender Punkt. Gerade für junge Menschen.
Abschluss
Am Ende fällen hier viele Menschen Urteile, über ein Verfahren, dessen Details gar nicht bekannt sind, und bekannt sein dürfen. Ich begrüße das Mitgefühl für das Opfer. Aber ich bin mir nicht sicher ob Opfer im generellen wollen, dass Morddrohungen an die RichterInnen ergehen, die nur ihren Job machen, für den der Staat sie angestellt hat.
Menschen teilen ihre Meinungen überall. Sogar an Orten, wo es darum geht, der grausamen Realität für einen Augenblick zu entfliehen und einfach nur Spaß zu haben. Populismus, egal in welcher Form, hat in Videospielen NICHTS verloren. Zu keiner Zeit. Je nach Thematik kann es Menschen schaden, denen man eigentlich nicht schaden will.
Zusätzlich habe ich was gegen Pseudojuristen. Wir „normalsterblichen“ haben doch am Ende überhaupt keine Ahnung, was bei einer Urteilsfindung alles berücksichtigt wird und berücksichtigt werden muss. Uns steht es überhaupt nicht zu, ein anderes Urteil zu verlangen.
Am Ende sind es die Opfer, die mit dem Urteil leben müssen. Und die Täter, denen die Konsequenzen ihrer Taten bewusst werden müssen. Das geht aber nicht mit übertriebener Härte. Die macht alles einfach nur schlimmer. Und lernen würden die Täter daraus auch nichts.
Ja eine Reform des Jugendstrafrechts wäre hilfreich. Aber in Maßen und gewissen Grenzen. Denn meiner Meinung nach hat jeder das Recht verdient, eine Möglichkeit zu bekommen sich zu bessern. Und das unabhängig vom Alter. Unser Strafrecht vergisst nicht so schnell. Und weitere, sowie härteren, Bestrafungen, können immer noch erfolgen.
Auch wenn es den Opfern nicht hilft, und sie ein Leben lang mit den Taten zu kämpfen haben werden, müssen alle Menschen innerhalb eines Falls ihre Lektionen mit nach Hause nehmen.
Gerry
1 Kommentar zu „Populismus in Videogames“
Ziel ist es ja, dass Spieler Gilden brauchen, weil Sie ohne nicht so erfolgreich vorwärts kommen, aufgrund vieler fehlender Vorteile und Boni.
Oft werden Spieler ohne Gilde auch automatisch angegriffen bei so Spielen wo man Ressourcen farmt und irgendwas aufbauen muss.
Aber man muss sich ja in den Chats nicht beteiligen.
ich ignoriere die immer und nehme nur die Boni mit und im Idealfall hat man dann noch eine Gilde, die relativ erfolgreich ist.
ansonsten kann man normalerweise auch Chatnachrichten melden.
die Serie kenn ich, war ziemlich gut gewesen, wenn man K Serien mag.